Pressemitteilung/News
Neue Technik erlaubt umfangreiche Analysen zu Protein/DNA-Bindung
Gemeinsam mit holländischen Kollegen präsentieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München in ‚Nature Communications‘ eine neue molekularbiologische Methode: Sie erlaubt die Analyse der Bindung zwischen Proteinen und DNA in proteomweitem Maßstab.
Im Zellkern ist das Erbgut, die DNA, um die sogenannten Histon-Proteine gewunden und bildet mit ihnen das sogenannte Chromatin. Dessen kleinste organisatorische Einheit bildet wiederum das Nukleosom, bestehend aus acht Histonproteinen und eben der DNA.
Das Zusammenspiel dieser Moleküle ist essentiell für wichtige Prozesse wie das Abschreiben der Gene (Transkription), deren Vervielfältigung (Replikation) sowie die DNA-Reparatur. Es ist daher von großem Interesse, den Ort und die Art dieser Wechselwirkungen zu kennen, um die regulatorischen Netzwerke dieser wichtigen zellulären Prozesse zu verstehen.
In der aktuellen Studie präsentieren Dr. Till Bartke und sein Team gemeinsam mit Prof. Michiel Vermeulen und Kollegen von der Radboud University in den Niederlanden eine Technik, mit der die Bindungsaffinitäten von Proteinen, die an Chromatin binden, proteomweit bestimmt werden können. Dies ist ein Fortschritt gegenüber früheren Techniken, die bisher nur zwischen ‚Bindung‘ und ‚Nicht-Bindung‘ unterscheiden konnten.
"Wir haben lange darüber diskutiert, ob es möglich wäre, proteomische Ansätze zu verwenden, um die Affinität von Chromatin-bindenden Proteinen in großem Maßstab zu quantifizieren - und wir haben es schließlich geschafft", erklärt Till Bartke, stellvertretender Direktor des Instituts Funktionelle Epigenetik am Helmholtz Zentrum München.
Für ihren Ansatz nutzen die Forscher kurze DNA-Sequenzen (Oligonukleotide) und bringen sie mit Kernprotein-Extrakten zusammen. Anschließend werden dann die Proteine, die mit den DNA-Sequenzen interagieren, identifiziert und ihre Häufigkeiten durch Massenspektroskopie bestimmt. Durch die Verwendung unterschiedlicher Mengen des ‚Oligonukleotid-Köders‘ können die Forscher dann die Bindungsaffinitäten vieler DNA-wechselwirkender Proteine berechnen.
Darüber hinaus führten sie in der aktuellen Studie ähnliche Experimente mit Nukleosomen-Komplexen durch, die modifizierte und unmodifizierte Histone als ‚Köder‘ enthielten. Da Histonmodifikationen die Chromatinstruktur beeinflussen und zu Veränderungen der Genexpression führen können, ermöglicht diese Technik die Identifizierung biologisch relevanter Wechselwirkungen unter verschiedenen Bedingungen.
"Um zu verstehen, wie Wechselwirkungen zwischen Biomolekülen eine Zelle steuern, muss man nicht nur wissen, welche Moleküle miteinander wechselwirken, sondern auch wie stark sie das tun. Unsere neue Methode erlaubt uns beispielsweise, die Wechselwirkung zwischen den Nukleosomen und den sogenannten Nukleosomen-Remodelling-Komplexen zu quantifizieren – und zwar individuell je nachdem welche Modifikationen sie tragen. Das ist wichtig, wenn wir dynamische Prozesse von Molekülen beschreiben wollen, die biologische Ereignisse steuern ", sagt Till Bartke.
Die Technik ist zudem für großen Durchsatz ausgelegt und misst Bindungsstärken für hunderte Proteine gleichzeitig. Entsprechend freuen sich die Forscher nun über proteomweite Einblicke in die Protein/DNA-Bindung und wollen künftig bestimmte DNA-Sequenzen oder Nukleosomen-Zustände im Detail untersuchen.
Grafische Zusammenfassung eines Beispiels:
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Original-Publikation:
Makowski, M. et al. (2018): Global profiling of protein-DNA and protein-nucleosome binding affinities using quantitative mass spectroscopy. Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-018-04084-0