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Immuntherapie: Antikörper-Bausatz gegen Tumore

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DNA-Origami-Strukturen mit Antikörpern, die das Immunsystem gezielt gegen Tumorzellen richten

Immuntherapien gelten im Kampf gegen Krebs als besonders vielversprechend. Das Prinzip: Das körpereigene Immunsystem so aktivieren, dass es schädliche Zellen identifiziert und zerstört. Dabei sollten Krebszellen möglichst effektiv und zielgerichtet erkannt werden, ohne dass gesunde Zellen zu Schaden kommen. Ein Team aus Forschenden der Technischen Universität München (TUM), der LMU, und von Helmholtz Munich hat nun eine neue Studie im Fachmagazin Nature Nanotechnology veröffentlicht, in der sie eine aussichtsreiche Methode zur Entwicklung benutzerdefinierter Wirkstoffe vorstellen, die genau das können.

 

Forschende haben eine winzige Plattform aus gefalteten DNA-Strängen entwickelt, die sie gezielt mit beliebigen Antikörpern bestücken können. Die sogenannten programmable T-cell engagers (PTEs) entstehen durch DNA-Origami, eine Nanotechnologie, die maßgeblich vom Lehrstuhl für Biomolekulare Nanotechnologie der TUM vorangebracht wurde. Selbstfaltende DNA-Stränge fügen sich damit zu einer zuvor am Computer simulierten Struktur zusammen.

Die PTEs sind so konzipiert, dass man an unterschiedlichen Positionen verschiedene Antikörper anbringen kann. Auf der einen Seite fügt man Antikörper hinzu, die spezifisch an bestimmte Tumorzellen binden und auf der anderen Seite solche, die von den T-Zellen des Immunsystems erkannt werden. Die T-Zellen zerstören daraufhin die so markierten Zellen.

„Auf diese Weise können wir eine Vielzahl verschiedener PTEs herstellen und sie so anpassen, dass wir eine bestmögliche Wirkung erzielen“, erklärt Dr. Adrian Gottschlich, einer der Erstautoren der Studie. „Sie bieten theoretisch grenzenlose Kombinationen und sind daher eine vielversprechende Plattform für die Krebstherapie.“

T-Zellen rekrutieren mit DNA-Origami

Für die Studie erzeugten die Wissenschaftler:innen 105 verschiedene Antikörperkombinationen und testeten im Reagenzglas, wie spezifisch sich diese jeweils an die Zielzellen heften und wie erfolgreich sie darin sind, T-Zellen zu rekrutieren. Sie konnten nachweisen, dass nach 24 Stunden über 90 Prozent der Krebszellen zerstört waren.

Um zu prüfen, ob das auch im lebenden Organismus funktioniert, untersuchte das Team außerdem, ob die PTEs auch im Körper lebender Mäuse Krebszellen erkennen und ihre Zerstörung anregen. „Wir konnten belegen, dass unsere PTEs aus DNA-Origami-Strukturen auch in vivo funktionieren“, sagt Gottschlich.

Vielseitig und benutzerdefiniert

Dank der Möglichkeit, mehrere verschiedene Antikörper gleichzeitig einzubauen, könne man sehr viel präziser Tumorzellen ansteuern und die Aktivierung des Immunsystems besser kontrollieren. Das helfe dabei, die Erfolgschancen bei der Krebsbehandlung zu erhöhen, zielgenauer zwischen kranken und gesunden Zellen zu unterscheiden und damit Nebenwirkungen zu minimieren.

„Durch die DNA-Technologie sind die PTEs besonders modular. Wir können die Antikörper punktgenau anbringen, die Eigenschaften der PTEs so anpassen und beispielsweise zukünftig auch regulieren, wie stark Immunzellen gebunden und aktiviert werden“, sagt Dr. Klaus Wagenbauer, ebenfalls Erstautor der Studie. Die Forschenden erwarten, dass es in Zukunft eine breite Palette komplexer und sogar logikgesteuerter Trägerplattformen für die Immuntherapie entwickelt werden kann.

Die beteiligten Wissenschaftler der TUM Dr. Klaus Wagenbauer, Dr. Benjamin Kick, Dr. Jonas Funke und Professor Hendrik Dietz gehören zu den Gründern eines Start-ups, das die Technologie hinter den PTEs weiterentwickeln und vermarkten möchte. Sebastian Kobold ist zuversichtlich: „Wir glauben, dass unsere Ergebnisse die klinische Anwendung von DNA-Nanotechnologien ermöglichen und das Potenzial von biomolekularen Engineering-Strategien auf DNA-Origami-Basis für medizinische Anwendungen aufzeigen werden.“

 

Original publication

Wagenbauer et. al. (2023): Programmable multispecific DNA-origami-based T-cell engagers. Nature Nanotechnology. DOI:10.1038/s41565-023-01471-7

Übernommen aus der rriginalen Pressemitteilung von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)